6

OverviewTranscribeVersionsHelp

Facsimile

Transcription

Status: Page Status Needs Review
Show Translation

6
die Ukraine gebracht hat. Selbst im ukrainischen Ackerbau-Departe-ment, wo ich wiederhold mit dessen Direktor O. Mizjuk, dem Leiter des Gnossenschaftswesens M. Lewizkij und anderen fürenden Per-sönlichkeiten über die Lösung der Agrarfragen in der Ukraine kon-ferierte, hat man zu guter Letzt eingeshen, daß umfassende Vor-kehrungen notwendig sind, um den angerichteten Schaden einiger-maßen wieder gut zu machen, die um sich greifenden Ausschreitun-gen auf dem Lande zu vereiteln und die Ukraine vor dem weiteren Niedergang zu bewahren.
Aus der Fülle des von mir in dieser Beziehung gewonnenen Ma-terials verdienen die nachfolgenden charakteristischen Ausführungen der im vorliegenden Falle sehr kompetenten Persönlichkeit, des ehe-maligen Leiters des ukrainischen Ackerbau-Ministeriums, W. Martos, besondere Beachtung. ,,Es loderten die Agrarunruhen auf, sagte Martos, es herrscht Anarchie, die Kulturwirtschaften, die dem Volke viel Nutyen gebracht haben, werden zerstört und deraubt. Aus den Rasse-Viehzüchtereien entführt man prachtvolle englische Kühe auf den Markt, oder man schlachtet sie. Aus den besten Kulturwirt-schaften werden die seltenen Getreidesämereien entweder verkauft oder zur Gewinnung der Samogonka (Selbstbrennen von Schnaps) verwendet. Ganze Wälder werden vernichtet. Ein Pianino wurde zerstückelt unter ein ganzes Dorf verteilt. Man raubt seltene Bilder, wobei der eine das Glas, der andere den Rahmen erhält und das Bild selbst hinausgeworfen wird. Erst zerstörte man die Güter, später nahm man sich der reicheren Bauern an, und dann begannen Schlägereien auch zwischen den übrigen Bauern wegen der beraubten Güter. Viel Böses verursachen die in die Dörfer kommenden Bolßschewiki. Unser Bauerntum ist den sozialen Reformen noch nicht gewachsen. Es versteht den Sozialismus so: was herrschaftlich war, ist jetzt unser. Ich fürchte, daß wir anstelle des wenn auch alten, aber doch massiven Hauses ein solches bauen, wo es durch all Fugen ziehen wird."
Ungeachtet dieser schrecklichen Zustände, ungeachtet dessen, daß die ganze Ukraine dadurch ins Unglück gestürzt und die Lage immer unerträglicher geworden ist und ungeachtet dessen, daß der ukrainische Himmel bereits mit sehr düsteren Wolken bedeckt was und der erste Erlaß des Generalfeldmarschalls v. Eichhorn doch ein überaus deutliches Warnungssignal darstellte, hielt die ukrainische Regierung und mit ihr die Zentralrada nach wie vor an der Ver-wirklichung der einmal verkündeten Sozialisierung des Bodens fest. Bezeichnend ist in dieser Beziehung die Antwort, die mir der Ministerpräsident Golubowitsch noch am 29. April 1918 erteilte, also an dem für die Ukraine so denkwürdigen Tage, an welchem -- allerdings gegen ihren Willen -- die Ukrainische Zentralrada, Golußbowitsch und sein Kabinett nach anderweitigen Beschlüssen ihre

Notes and Questions

Nobody has written a note for this page yet

Please sign in to write a note for this page